Via Gottardo 1: Brunnen – Seelisberg – Erstfeld

„El camino provides“, sagt der Jakobswegpilgerer. „Il Gottardo provides“ sage ich. Am ersten echten Tag auf Tour haben sich alle Herausforderungen in Wohlgefallen aufgelöst nach dem Motto: „Alles wird gut.“

Es fing schon damit an, dass der Wecker mich nicht geweckt hat und ich viel zu spät aufwachte. Nach 3 1/2 Schrecksekunden hektischer Aktionismus: In die Klamotten gehüpft, Zahnpastawurst zwischen die Zähne gedrückt, Rucksack aufgeworfen, Luis angeschnallt, Treppe runter gepoltert, losgerannt. Und genau 12 Minuten (!) nach dem Aufwachen (!!) schlossen sich im 800 Meter (!!!) entfernten Bahnhof die S-Bahn-Türen hinter (!!!!) mir.

Eine Seefahrt, die wird hektisch

In Brunnen fast dasselbe Spiel: 10 Minuten vom Bahnhof zum Hafen, deshalb Eilmarsch. Luis warf unterwegs „Ballast“ ab, das Aufsammeln und Entsorgen kostete wertvolle Sekunden, die ich joggenderweise wieder einholte und gerade noch das Schiff erwischte.


Auf der Überfahrt dann heftiger Regen. Zitat der Besatzung:  Das kann gar nicht sein, es soll erst heute abend regnen. Hmmm…
Gemütlich zockelte dann die Bergbahn nach Seelisberg – so gemütlich, dass der Regen dort oben schon wieder ausgeregnet hatte.

Traditioneller Energieriegel

Mein Magen erinnerte mich, was beim  überstürzten Aufbruch am Morgen schief gelaufen war: Mein Proviant lag noch im Hotelzimmer 😮 [An Luis hatte ich selbstverständlich gedacht, er bekam  sein Morgenfutter schon auf dem Schiff.] Glück gehabt: Eines der letzten Häuser war ein Volg-Supermarkt, in dem ich mit Swiss Power Bars (also known as Nussstängli) eindecken konnte.

 

 

​Nussstängligestärkt ging es weiter, durch kräftiggrünen Wald und immer wieder tolle Ausblicke auf den tief unten ruhenden  Vierwaldstättersee. Dort unten lag auch unser nächstes Zwischenziel: Bauen.

 

 

Pfeif mir das Lied vom Cholrüti

Die Lokalitaten in Bauen waren noch geschlossen, also weiter nach Isleten als Antwort auf die Frage: Wo soll da ein Wanderweg sein, wenn die Felswände bis zum Wasser hinab reichen?

​​Des Rätsels Lösung: Im Tunnel!

 

 

​Zunächst eigens durch den Berg getriebenen Fußgängertunnel, doch auf den letzten 400 Metern als Trottoir im Straßentunnel. Das war ein ganz besonderes Erlebnis: Kein Verkehr, der ganze Tunnel für uns alleine. Komplette Stille, nur das Klappern von Luis‘ Geschirr und meine Schritte – mit nachhaltigem Widerhall der Tunnelwände. Die einmalige Akustik inspirierte mich zu einer fragwürdigen musikalischen Darbietung in der menschenleeren Röhre.

Im einzigen Restaurant in Isleten beschloss ich, endlich den bisher verpassten Morgencafé zu trinken. Kann hatte ich bestellt, trommelte heftiger Regen auf das Terrassendach. Einen Café, drei Schinken-Käse-Weggli und ein Panache später war das Spektakel schon wieder vorbei.

 

 

​LSF vs SFR

Der restliche Weg am Vierwaldstättersee fand unterhalb der imposanten Autobahntrasse statt – und auch die Sonne entfaltete jetzt ihre imposante Kraft.

Sonnencreme? Lag unbenutzt im Bad, wo ich sie heute morgen verwendet hatte, wenn Zeit dafür gewesen wäre… 3 Stunden UV-Strahlen ohne Schutz? Bloß nicht! Dickes Langarmhemd als Sonnenschutz bei 30+ Grad? Nicht auszuhalten!

Glück gehabt: Am Südufer des Sees liegt das Seebad mit Seerestaurant —  und da gibts: Sonnencreme! [Über den Preis wahre ich strengstes Stillschweigen, der gehört nämlich nicht in die Glück-gehabt-Kategorie. Aber wegen 14.90 SFr wollte ich nicht als Grillgöggeli enden.]

Hitzeschlacht in Schwitzerland

Noch zweieinhalb Stunden bis Einsiedeln und gnadenlose Sonne: Würden wir das schaffen? Taktisches Wandern war gefordert; wir ignorierten den offiziellen Track und suchten das Optimum aus Abkürzung und Schatten. Zuhilfe kamen gelegentliche Schleierwolken, ein kühlendes Bächlein (für Luis), ein kühler Volg (für mich), ein weiterer Fußgängertunnel und ein starker Föhnwind. Letzterer nicht wirklich kühl, aber trotzdem erfrischend.

 

 

​Entlang an Reuss, Gotthardautobahn und ihren monströsen Rastanlagen schwitzten wir dem Ziel entgegen. Luis konnte sich mit einigen Bädern in der Reuss abkühlen, während ich ein Werbeplakat in „Welcome to Schwitzerland“ korrigieren wollte. [Scheiterte am nicht vorhandenen Edding]

 

 

​Nach insgesamt 23,5 km und knapp sieben Stunden waren wir endlich wieder da, wo wir in der Früh losgerannt waren.


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