
Endlich: Nach zwei Etappen erreicht unsere Wanderung von Balingen nach Bahlingen den Schwarzwald. Tiefe Täler, dunkle Wälder, plätschernde Bächlein. Dazu ein unerwarteter Geocache und ein übertrieben selbstbewusster Wasserfall. Doch die Herausforderung wartete ganz am Ende auf uns.
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Bilder, Highlights, Zahlen, Daten, Fakten am Ende dieses Artikels.
Disclaimer: Ich schreibe diesen Beitrag über zwei Wochen nach der Wanderung. Nachteil: Manches Detail ist vergessen. Vorteil: Vergessen ist vor allem das, was genervt hat. |
Sulz: Das Tor zum Schwarzwald

Sulz — Endstation unserer vorigen Etappe und jetzt unser Tor zum Schwarzwald. Jenseits des Neckars signalisierte uns sogar die Wegmarkierung, dass wir neues Terrain betraten: Nicht mehr der Schwäbische Albverein, sondern der Schwarzwaldverein zeigte uns, wo es lang geht.
Lang ging es zunächst am Neckar, an dessen Talhang wir langsam Höhe und Betriebstemperatur erreichten. Während der Neckar bald Richtung Süden abbog, gingen wir weiter gen Westen — und erreichten auf einer Lichtung meine gefühltes, persönliches Tor zum Schwarzwald: Steiler Abstieg durch eine finstere Schlucht in einen dichten, schwarzen Tannenwald. Es war zu sehen und zu fühlen und zu riechen: Jetzt sind wir endgültig im Schwarzwald.
„Übertreiben macht anschaulich“: Die finstere Schlucht mit dichtem, schwarzem Tannenwald war in Wirklichkeit das sonnenbeschienene, locker bewachsene Dobeltal mit lauschig plätscherndem Bächlein — Idylle pur und perfekter Platz für unsere erste Pause (mit noch idyllischerem Brunnengeplätscher).

![]() Exkurs Speedy Mühlbachtal: |
Ein Geocache am Wegesrand


Gestärkt und erfrischt verließen wir langsam das Dobeltal und erreichten eine weite Feld- und Wiesenfläche.
Mitten drin stand ein auffälliges weithin sichtbares „Objekt“, bei dessen Anblick ich spontan dachte: „Wenn ich hier irgendwo einen Geocache legen müsste, dann genau dort.“ Ich war irritiert, warum ich das dachte — denn meine aktive Geocaching-Zeit ist Jahre her und ich hatte den Zeitvertreib „Tupperschüsseln-im-Wald-Suchen“ schon längst verdrängt.
Noch irritierter war ich, als ich das Objekt passierte: „UPS“, dachte ich, „Ungewöhnlich platzierte Steine!“. Die Neugierde siegte und tatsächlich: Da fand (s)ich das Final eines Caches mit dem treffenden Namen „360° Weitsicht“. Die alten Cacher-Reflexe funktionieren offensichtlich noch. Wer nicht sucht, findet trotzdem. TFTC 😉
Dornhan: Where the streets have no benchs
Beflügelt von dem unerwarteten Cache-Fund ging es im Zick-Zack weiter über Feld- und Wiesenwege nach Dornhan. Es war genau die richtige Zeit, um in der hübsch herausgeputzten Ortsmitte einen gemütlichen Mittagspausenstopp einzulegen. Alles sehr hübsch und sehr herausgeputzt, doch leider hatten die Stadtmöblierer offensichtlich vergessen, Sitzgelegenheiten einzuplanen.

So verbrachten wir unsere Mittagspause gezwungenermaßen auf dem ZOB des örtlichen Schulzentrums — offensichtlich befinden sich dort die einzigen zwei öffentlichen Bänke der Gemeinde.
Immerhin: Ein Automobilhersteller ließ es sich nicht nehmen, wieder mal mit auffällig-unauffällig „getarnten“ Fahrzeugen Werbung für seine Produkte zu fahren. Für mich war’s eine nette Unterhaltung und ausgleichende Gerechtigkeit für die unattraktive Pausen-Location.

Ruine Brandeck und Gräbenbach-Wasserfällchen

Nach Dornhan erreichten wir ohne großes Trara die Ruine Brandeck. „Nur wenige Mauerreste dieser ehemaligen Stammburg“ seien erhalten geblieben, sagt die dortige Infotafel — und verspricht damit nicht zu wenig. Dennoch ein geschichtsträchtiger Platz, der einen Stopp lohnt (und auch Sitzbänke zu bieten gehabt hätte).
Immer weiter Richtung nach Alpirsbach — und spätestens ab Aischfeld wurde mit großem Trara ein Wasserfall angekündigt. Ein Schild nach dem anderen, die Erwartung steigt, ein Stichweg lockt: Und endlich erreichten wir den vielfach angekündigten Wasserfall. Oder doch nicht? War das alles? Dafür so viele Wegweiser? [Gesamtfallhöhe lt. Wikipedia: 3 Meter. Wahnsinn! Da müssen wir unbedingt hin, wenn wir mal wieder Besuch aus Kalifornien haben!!]

Schnell und verwirrt kehrten wir wieder zurück auf den Hauptweg, dort stellten uns die Wegweiser vor das nächste Rätsel: Direkt und parallel zur Straße nach Alpirsbach oder ein paar Extra-Höhenmeter zu einer weiteren Burg(ruine)?
Reutin — Zollernblick — Alpirsbach
Ich hatte keine Lust auf Straßenlärm und entschied mich deshalb für die Burg-Variante. Doch der Wasserfake Wasserfall hätte mich eigentlich warnen können, denn die Wegmarkierung wurde schlagartig sehr bescheiden. Die angepriesene Burg sahen wir weder auf einem weiteren Wegweiser noch in „Natura“. Stattdessen erhaschten wir einen unerwarteten Heimat-Blick auf die Burg Hohenzollern — doch über weite Strecken blickten wir öfters auf unser Garmin als in die Landschaft.

Exkurs: Wir hatten dieses Phänomen bereits auf dem Neckarweg kennen gelernt: Qualität und Nutzen der Wanderwegweiser kann sich schlagartig ändern, wenn man in das Hoheitsgebiet der zuständigen Ortsgruppe wechselt. |
Immerhin hatten wir in Reutin eine nette Unterhaltung mit einem Anwohner, der den gut erzogenen Hund lobte (?) und wertvolle Tipps für den Rest der Strecke gab. Die waren wirklich wertvoll, sonst wären wir noch orientierungsloser gewesen.
Durch etliche unfreiwillige Umwege kamen wir am Ende in Zug-Zwang: Um unseren Zug noch zu erreichen, mussten wir forsches Marschtempo an den Tag legen. Mit flotten Sohlen (und Pfoten) erreichten wir Alpirsbach, verzichteten auf einen gemütlichen Stadtrundgang und gingen schnurstracks zum Bahnhof.

Dort nutzte ich die gewonnene Zeit für eines der letzten Abenteuer des 21. Jahrhunderts:
Fahrkarte für Luis
Der Nicht-Hundebesitzer oder Nicht-Zugfahrer ahnt vermutlich nicht, wie kompliziert die juristisch korrekte ÖPNV-Mitnahme eines Vierbeiners. (Jaja, ich weiß: Selbst schuld, denn es heißt ÖPNV und nicht ÖHNV…; wäre eigentlich einen eigenen Blog-Beitrag wert.)
In aller Kürze: Nachdem ich meine Fahrkarte gekauft hatte, brauchte ich „nur“ drei Anläufe, bis ich die widersprüchlichen Menüs und Falschmeldungen des Fahrkartenautomats durchgespielt und analysiert hatte. Mit diesem Wissen konnte ich dann einen Workaround aushecken, der dem Automat am Ende (nach insgesamt 6 Minuten) doch noch eine „Fahrkarte Hund“ entlockte.

Wie macht man das, wenn man keinen Spaß an Usability-Irsinn hat? Oder der (einzige!) Automat nicht zufällig 6 Minuten „leer gestanden“ wäre? Hund zurücklassen oder schwarz fahren lassen? Mir egal, nächstes Mal soll sich Luis selbst um sein Ticket kümmern…
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Bilder dieser Etappe
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Die 4 Highlights dieser Etappe
- Dobeltal: Nach dem geschäftigen Neckartal rein ruhiger Einstieg in den Schwarzwal, mit plätscherndem Bächlein und Brünnchen.
- Immer wieder Zollernblick: Ein ständiger Gruss aus der Heimat, selbst „mitten im Schwarzwald“ und 40 Kilometer Luftlinie entfernt.
- Unerwarter Cache-Beifang: Eine Location, die „Hier ist ein Cache!“ schreit und hält, was sie verspricht — eine nette Erinnerung an frühere Zeitvertreibe.
- Kloster Alpirsbach und Brau-Laden: Aus Zug- und Zeitgründen diesmal leider nur vorbeigehuscht; aber ich weiß, das beides einen Besuch verdient hätte.
Zahlen, Daten, Fakten
- Streckenlänge: 25,8 km
- Höhenmeter: 933 m
- Start/Ziel: Sulz am Neckar / Alpirsbach
- Gesamtbilanz: 3 Etappen, 62,9 km, 1882 Höhenmeter, entspricht 10,5 Stück Schwarzwälder Kirsch