
Hund fit, Mensch fit, Frühling fit: Die besten Voraussetzungen für die Fortsetzung unserer Wanderung von Balingen nach Bahlingen. Damit die Etappe nicht lächerlich kurz wird, haben wir auf dem Weg vom Kloster Kirchberg nach Sulz ein paar kunstvolle Umwege eingebaut. So lohnte sich das Stiefelschnüren — und wir trafen auf „alte Bekannte“.
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Bilder, Highlights, Zahlen, Daten, Fakten am Ende dieses Artikels.

Knubben-Ausstellung im Kloster Kirchberg
Schon vor dem Start fing es richtig gut an: Eine Ausstellung von Jürgen Knubben im Kloster Kirchberg war das kulturelle Highlight des Tages. Die Kombination aus zeitgenössischer Kunst und historischem Ambiente sorgte für kontrastreiche Ein-, Aus- und Durchblicke sowie Gelegenheit, die neue SD-Karte meiner Kamera zu testen.
Kloster Kirchberg — Renfrizhausen

Luis als bekennender Kunstbanause war eher gelangweilt und froh, als es endlich und richtig los ging. Doch nach kurzem Aufstieg zum „Hausberg“ des Klosters legte Herrchen schon wieder eine Pause ein.
Denn der Panoramablick zurück auf den Albtrauf wollte bestaunt werden — auf jenen Albtrauf, zu dessen Füßen das eine der zwei Ba[h]lingens liegt, die Anfang und Ende des Extrem-Gassi-Going-Projekts 2015 markieren. Unspektakulär ging es auf breiten Forstwegen wieder hinab nach Renfrizhausen.
Renfrizhausen? Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich neun Zehntel meines bisherigen Lebens verbrachte hatte, ohne die Existenz dieses Ortes zu erahnen. Dann blieb er allerdings umso mehr in Erinnerung: Nur wenige Meter neben unserer heutigen Route fand das skurillste Vorstellungsgespräch statt, das ich je erleben durfte.

Wofür ich seinerzeit (aus naheliegenden Gründen) kein Auge hatte: Im Ort überrascht ein Kontrast aus liebevoll-aufwändig renovierten, alten Gebäuden und dem morbidem Charme von Gebäuden, die das dringendst nötig hätten.

Wenig uncharmant bäumt sich die Mühlbachtalbrücke der A81 unüberseh- und -hörbar kurz hinter Renfrizhausen auf. Hier imponiert keine filigrane Architektur á la Viaduc de Millau, sondern in Beton gegossener schwäbischer Pragmatismus. Dennoch: Die schnörkellose Geradlinigkeit in Kombination mit dem leichten Schwung der Brücke ergibt „interessante“ Perspektiven.
Renfrizhausen — Ruine Wehrstein
Von Renfrizhausen über Mühlheim Richtung Fischingen — unspektakulär und schnell erledigt. Dort erwartete uns alte Bekannte (und bekannte Alte) mit langer Historie:
Jahr 752: Auf Burg Wehrstein soll Karl der Große seine spätere Gattin kennengelernt haben.

1643: Im Dreißigjährigen Krieg wird die Burg durch kurbayrische Truppen fast völlig zerstört.
2010: Ein Geocacher nebst Hund findet (Zitat) „nach kurzen, schweißtreibenden Aufstieg“ den Cache „Ruine Wehrstein“ und lobt die Aussicht ins Tal.
2013: Ein furchtloser Wandersmann nebst Hund wagt sich auf eine Extratour abseits des Neckarweges und genießt die perfekte Rast-Stätte mit (Zitat) „Panoramablick über das Tal mit mehreren gemütlichen Bänken und Tischen“.

2015: Zwei Wandersleut´ (einer vier-, einer zweibeinig) rasten auf dem Weg von Balingen nach Bahlingen und überzeugen sich, dass der Neckar immer noch durch das Tal fließt. Und wundern sich, wohin die gemütlichen Bänke und Tische von 2013 verschwunden sind.
Auf dem Neckarweg nach Sulz

Nach der altbekannten Burg folgten wir einem altbekannten Weg: 23 Monate nach der „Erstbegehung“ folgten wir wieder dem Neckarweg, allerdings in entgegengesetzter Richtung. Nicht vom Ursprung Richtung Mündung, sondern flussaufwärts begleitete wir das „Blaue N“ und schwelgten in Erinnerung an unser Extrem-Gassi-Going-Projekt 2013/2014.
Mit wenig Überraschungen und viel Sonne standen wir bald am letzten Aussichtspunkt und oberhalb von Sulz. Nach steilem Abstieg folgte ein letzter Schlenker in die Altstadt auf der (vergeblichen) Suche nach einem Belohnungseis, bis wir am Bahnhof unserer Tagesziel erreichten.

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Bilder dieser Etappe
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Die 4 Highlights dieser Etappe
- Knubben-Ausstellung im Kloster Kirchberg: „Kunst im Kontrast zum Denkmal“, schreibt der Schwarwälder Bote zu dieser Ausstellung. Recht hat er — bis 25. Oktober.
- Mühlbachtalviadukt: Keine filigrane Schönheit wie der meine „Lieblingsautobahnbrücke“ Viaduc de Millau, sondern schwäbisch, pragmatisch und trotzdem irgendwie beeindruckend.
- Ruine Wehrstein: Eine schöne „Location“ mit Neckarblick — die wusste bereits Karl der Große im vorletzten (!) Jahrtausend zu schätzen.
- Neckarweg „rückwärts“: Nach knapp zwei Jahren hatte uns der Neckarweg wieder und erinnerte uns an unsere 5. Etappe auf dem Weg vom Neckarursprung an die Mündung.
Zahlen, Daten, Fakten
- Streckenlänge: 15,8 km
- Höhenmeter: 477 m
- Start/Ziel: Kloster Kirchberg / Sulz am Neckar
- Gesamtbilanz: 2 Etappen, 37,1 km, 949 Höhenmeter, entspricht
6,4 Stück Sachertorte6,0 Stück Schwarzwälder Kirsch