Der erste komplette Tag im Elsass war in „meteorologisch herausfordernd“, aber am Ende doch noch sehr gelungen. „El camino provides“ könnte man sagen, wenn man auf dem Jakobsweg unterwegs wäre….

„Meteorologisch herausfordernd“ ist eine freundliche Umschreibung für blödes Wetter: Im Viertelstundentakt wechselten Sonne, Wolken, Niesel- und Starkregen ab — die einzige Konstante waren sehr frische Temperaturen. Nicht gerade ideale Voraussetzungen für einen Wandertag mit einem älteren Fellträger, dem nasskaltes Wetter nicht gut tut.
Doch es hilft ja nix: Irgendwann muss der Hund raus — und Herrchen braucht Frühstück. Ich wartete das Ende einer Regenphase ab und dann nichts wie los zur Boulangerie, die der Vermieter gestern empfohlen hatte. Und ich hatte doppeltes Glück: Zum einen gab es klassisches Baguette (nicht diese Riesenprügel, die man in DE als Baguett verkauft), leckere Pains au chocolat und eine gute Confiture waren eine gute Basis für ein schönes Sonntagsfrühstück. Zum anderen dauerte die Regenpause lange genug, um trocken wieder in unserer Häuschen zurückzukehren.
Der Rest der Tages war Lesen, Schlafen, Schlafen und Schlafen. Offensichtlich hatten der letzte Monat und vor allem die letzte Woche noch etwas Nachholbedarf für mich vorgesehen. (Und für Luis sowieso und immer).
Den ganzen Sonntag verschlafen? Nein, natürlich nicht. Nach 15:00 Uhr schien sich das Wetter langsam zu stablisieren. Lohnte es sich noch, zu einer kleinen Wanderung aufzubrechen? Ja, denn ab heute war Sommerzeit und eigentlich erst kurz nach Mittag…


Also Hund und Rucksack gepackt und wieder in die Weinberge. Turckheim hieß unser Ziel und ist das Nachbardorf von Ingersheim. Das Wetter foppte mich mit ein paar Regentropfen, aber die waren kaum der Rede wert und Turckheim schnell erreicht.



Ich kenne den Ort aus meiner Kindheit als sehr touristisch und sehr überlaufen. Heute aber gähnende Leere und fast ausgestorben — pantalon mort sozusagen. Das war einerseits angenehm, anderseits auch nicht: In meiner Phantasie hatte ich mir ausgemalt, dort regionaltypisch zu speisen. In der Realität war aber jedes der zahllosen Restaurants geschlossen und verriegelt.

Allein eine merkwürdige Kombination aus Lottoannahmestelle, Tabakladen, Bistro und Bar hatte geöffnet und ein wahrer Glücksfall: Sehr netter Wirt, le chien war pas un problème und wohlwollende Interpretationsversuche meiner französisch dilettierter Bestellungen.

Ein Bier, ein mit Munsterkäse gratinierter Flammkuchen und einen doppelten Espresso später war ich bereit für den Heimweg. Diesmal als einfache, flache und schnelle Variante dem Lauf und dem Wasser der Flecht folgend.




Statt „El camino provides“ jetzt „L’Alsace provides“? Ja, heute auf jeden Fall: Aus einem Mistwettertag wurde sehr erholsamer Sonntag mit sonniger Kurzwanderung und einem deftigen Abendessen in der Halbzeitpause.