Gestern „lief’s nicht so“, und heute? Der Anfang war kompliziert, der Rest und der Zieleinlauf umso besser. Und heute nicht nur der Weg, sondern auch das Ziel das Ziel.
Schnell weg hier? Gar nicht so einfach.
Möglichst schnell wollte ich das Ekel-Établissement verlassen, doch angesichts des genialen Blicks auf den Greyezersee wagte ich doch ein schnelles Frühstück auf der Zimmerterrasse, bevor ich mich auf den Weg machte.
Machen wollte. Denn bis ich den Ausgang aus dem Raststättengehege und den richtigen Wanderwege gefunden hatte, standen schon 2 km und eine halbe Stunde auf dem Tacho.
Morgen frisch nach Corbiere
Nach dem verwirrenden Start ging es schön weiter: Schön am Seeufer, schön schattig, schön frisch. Zwischendurch leichte Navigationsverwirrung: Vom Straßennamen Devant la Mont war ich angespornt, sofort in der prallen Sonne denselben hochzustürmen – um mich erst oben zu wundern, wo eigentlich der Wanderweg ist. In Geocaching-Manier schlug ich mich über Wiesen und durchs Unterholz, bis ich wieder auf dem richtigen Weg war. Der führte nämlich schön schattig um den Mont herum…
Trotzdem: Locker-flockig hatten wir die Engstelle des Sees erreicht. Ein kurzer Abstecher nach Corbiere war Ehrensache — allein wegen des Namens 😉
Zudem galt es die Marschverpflegung zu besorgen und eine Entscheidung zu treffen, die den Rest des Tages bestimmen würde.
Mehr Kilometer oder mehr Sonne?
Linkes oder rechtes Seeufer, das war hier die Frage.
- Rechts ist lt. Wegweisern eine gute halbe Stunde kürzer und relativ flach.
- Links ist die schattige Seeseite und zudem weitgehend von Bäumen gesäumt.
Aus Rücksicht auf den schwarzen Fellträger war die schattige Variante zwingend – obwohl ich mir dadurch eine Höhenmeter-Achterbahn wie am Vortag eingefangen habe.
Heute kam ich damit aber viel besser zurecht. Vielleicht weil ich von gestern vorgewarnt war. Oder weil mir der Blick ans andere Ufer Recht gab: Während ich durch die angenehme Kühle marschierte, knallte die Sonne gnadenlos auf die rechte Seeseite.
Chocolat ou chien?
Am südlichen Ende des Sees warten La Fabrique auf die Wanderer: Ein Schlossartiges Anwesen von Callier, in dem Schokoladenherstellung zelebriert wird. Außer einer der Wanderer ist ein Hund, der hat da (logischerweise) keinen Zutritt.
Folglich konnte ich dieses Touri-Highlight ignorieren und auf der sehr profanen Rückseite passieren und auf dem schnellsten Weg unser Tagesziel anpeilen.
Das war auch nötig, denn mittlerweile hatte sich die Sonne heimlich nach Süden geschlichen, sodass auch wir ihre volle Wirkung abbekamen.
Leider wurde Luis ab hier von Herrchen ausgebremst (mehr dazu morgen); nur quälend langsam ging es durch die schattenlosen Wiesen. Allein ein paar Brunnen kühlten Luis auf Normaltemperatur herunter; Herrchen musste sich mit einer inneren Abkühlung (Panache) begnügen.
Fallschirmspringer & Hundträger
Ein letztes Mal überquerten wir die Saane (über eine schöne Holzbrücke), dann nur noch ein kurzer Aufstieg zum Chateau de Gruyeres — kein Problem.
Es sei denn, man hat einen Hund, der panische Angst vor fliegenden Menschen hat und an einem Flugplatz vorbei muss, den Fallschirmspringern als Ziel ansteuern.
Macht nix, gerne trage ich einen nassen Hund (der letzte Brunnen war erst ein paar Minuten her) einen halben Kilometer durch die Sonnenhitze…
Beim finalen Aufstieg hatte er sich — Gott sei Dank — wieder beruhigt und konnte selbständig die letzten Höhenmeter des Tages hinaufkeuchen.
Gruyeres internationale
Die Ankunft war beeindruckend: Ein schönes Örtchen, das mehr einem Swissness-Erlebnispark glich als einem schönen Örtchen.
Weltweite Touristenscharen wälzten über das Kopfsteinpflaster und konzentrierten sich darauf, sich instagramabel in Szene und in die „Kulisse“ zu setzen. Und wer nicht weiß, was besonders selfiewürdig ist, dem weist der unvermeidliche Grand-Tour-of-Switzerland-Posing-Rahmen den Blick (durchs Display).
Schnell durch und ins Hotel, das zum Glück ein paar Meter außerhalb des Dorfkerns liegt. Bei der Buchung fand ich das noch schade – jetzt war ich froh, nicht in einem Freilichtmuseum schlafen zu müssen.
Ende gut, alles Käse gut
Gute drei Stunden später wagte ich einen neuen Besuch. Die Reisebusse waren weg, die Besucher traten nur noch in überschaubaren Kleingruppen auf.
Meine am Sonntag begonnene Baguette-Diät war heute zu Ende: Es musste — mitten in Gruyeres — natürlich etwas greyezerhaltiges sein. Doch nein, nur weil ich in Gruyeres bin, esse ich im Hochsommer trotzdem keine Käsefondue. Stattdessen gönnte ich mir eine regionale Vorspeisensammlung, gefolgt von einer Käsetarte (natürlich nur wegen der Vitamine im beiliegenden Salat ;-).
Der dringend nötige Verdauungsspaziergang ging nochmal hoch zum Chateau, wo *hüstel* ein einsamer Touri seinen ahnungslosen Hund in den Grand-Tour-of-Switzerland-Rahmen hiefte.
Ausblick auf morgen
Ähm — ganz anders als geplant.