Der Frühling liegt in der Luft, in den Wetterprognosen lacht die Sonne… Deshalb pokerte ich, nahm spontan einen Tag frei und brach noch vor dem Morgengrauen Richtung Odenwald auf. Es hat sich gelohnt: Abwechslungsreiche Wege, schöne Panoramen und gefühlter Frühsommer im Februar…

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Aus zwei mach eins
Ich gestehe: Ich habe zwei Etappen zu einer zusammengefasst und sehr großzügig abgekürzt. Grund 1: Zwischen Neckargerach und Eberbach gibt es keine nennenswerte ÖPNV-Anbindung, so auch im „offiziellen“ Etappenort Neunkirchen. Grund 2: 35 km und 1300 Höhenmeter sind für zwei Etappen zu wenig und für eine zu viel. Grund 3: Ein Informant gab mir den Tipp, dass die Umrundung des Mittelbergs zwar nett ist, aber mit dem Neckar nur für geologisch Interessiere zu tun hat.

Extra(kurz)tour Neckargerach — Ruine Minneburg
Also sparte ich mir gleich zu Beginn 10 km: Über den Neckar nach Guttenbach und dann nicht nach Neckarkatzenbach, sondern direkt hinauf zu Ruine Minneburg. Das erste Highlight schon nach einer halben Stunde? Für eine lange Pause war das noch zu früh — und auch noch zu frisch, denn statt der prognostizierten Sonne saßen Wolken über dem Neckartal fest.
Ruine Minneburg — Burg Stolzeneck

Nach einem kurzen Fotostopp starteten wir deshalb durch. Es folgten mehrere Kilometer über Forststraße (z.T. sogar geteert) — ungewöhnlich für einen „Qualitätsweg“, aber gut um schnell vorwärts zu kommen. So erreichten wir knapp eine Stunde später eine Lichtung oberhalb von Neunkirchen und wenig später endlich ein paar hundert Meter richtig einen schönen, naturnahen Waldweg.

Dort hatte ich als nächste Abkürzung geplant, den „Haken“ nach Neunkirchen auszulassen: Er dient vermutlich nur zur Anbindung des Dorfes als Etappenort. Umso größer war meine Überraschung, dass meine geplante Extra(kurz)tour eine offizielle Abkürzung mit eigens angelegtem Pfad war.

Nächste Überraschung: Ein dramatisches Schild kündigt einen „alpinen Wanderabschnitt“ an. Und nu? Egal: „I survived the Margarethenschlucht“ und war gespannt auf das, was da kommen sollte.
Und es kam ein sehr schöner Wanderpfad, immer am Hang entlang, mit plätschernden Bächlein und zwitschernden Vögelchen. Etwas „Alpines“ konnte ich allerdings nicht entdecken, offensichtlich gibt es das Phänomen des „Overwarning“ auch im Wanderwesen.

Burg Stolzeneck
Der Weg war gut und es kam noch besser: Die Burg Stolzeneck hat deutlich mehr Bausubstanz als viele andere Ruinen, im „Innenraum“ führt eine steile Treppe gen Himmel.

Während ich noch überlegte, wie ich Luis da hoch locken könnte, war er schon die ersten Stufen hinauf gehuscht. Höher, immer höher, bis wir ganz oben auf der Burgmauer standen.
Die Sonne über uns, die Sonnenbrille auf der Nase, die Burg unter uns, ein 180°-Panorama vor uns — die perfekte Mittagspausen-Location! Mit hochgekrempelten Ärmeln lehnte ich (Mitte Februar!!!) in der Sonne, freute mich des Lebens und wäre am liebsten ewig dort geblieben.
Doch irgendwann hat auch die schönste Mittagspause ein Ende, denn über die Hälfte des Tagespensums lag noch vor mir. Doch das hätte fast ein vorzeitiges Ende gefunden.
Staustufe Rockenau: Nichts für vierbeinige Wanderer

Die Staustufe Rockenau sollte uns in der Mitte der Etappe über den Neckar bringen — auf einem Gittersteg. Luis tat das, was Hunde typischerweise bei Gitterstegen tun: Vollbremsung. Alle Viere entgegen stemmen. Kehrtwendung. Da hilft kein Labern und Locken und Leckerchen: Gitterroste sind nun mal für die meisten Vierbeiner ein No-Go.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als 20 kg nervös zappelnden Hund 150 Meter über den Neckar zu tragen. Mit einem durchschnittlichen Berner Sennhund oder einer ausgewachsenen Dogge hätte ich hier „in the middle of nowhere“ abbrechen müssen. Auch für latent Höhenängstliche wird der Steg zur Herausforderung, wenn man an seinen Füßen vorbei auf die hinabstürzenden Fluten blickt…
Teufelskanzel — Schollerbuckel — Scheuerberg — Eberbach

Nachdem die Staustufe „in die Arme ging“, durften nun wieder die Beine trainiert werden: Gemächlich, aber stetig gewann der Neckarweg an Höhe. Eine 2 km lange „Forstautobahn“ sorgte erneut für zügiges Vorwärtskommen, sodass wir schnell wieder einen richtigen Wanderweg und die Teufelskanzel erreichten: Sonne pur, ein weiter Blick zurück ins Neckartal, Hintergrund-Infos per QR-Code… Ein guter Platz für die letzte längere Pause.


Als Endspurt warteten weitere Höhenmeter auf uns, Schollerbuckel und Scheuerberg wollten bestiegen werden. Unterwegs versorgten uns Schautafeln mit geologischem Wissen über die wechselvollen Lauf des Neckars und seine „Hinterlassenschaften“. Als steinerne Hinterlassenschaften der anderen Art blickte eine ganze Armee von „Steinmännchen“ kurz vor dem Scheuerberg ins Tal. (Mein Versuch, die Ansammlung um einen Steinhund zu bereichern, ist leider kläglich gescheitert).

In einem weit ausladenden Haken ging es dann nur noch abwärts. 3 km später und 250 Höhenmeter tiefer erreichten wir unser heutiges Ziel: Eberbach. Das Wetter fühlte sich frühsommerlich an, deshalb gönnte ich mir noch einen ausführlichen Rundgang durch das charmante Städtchen. Und als krönender Abschluss saß ich im Straßencafè — Mitte Februar, im Schatten, ohne Jacke, ohne zu frieren! Da war es Ende Mai 2013 am Lago Maggiore deutlich kühler…
Bilder dieser Etappe
(Draufklicken startet Galerie)
Die 4 Highlights dieser Etappe
- Pseudo-alpiner Wanderabschnitt: Der Abschnitt vor Burg Stolzeneck ist nicht wirklich alpin, sondern einfach nur schön, naturnah und abwechslungsreich. Für mich war das der beste Teil der Etappe und ein angenehmer Kontrast zu den vielen Forststraßen.
- Burg Stolzeneck: Der perfekte Ort für eine ausgedehnte Pause mit gut erhaltenem Gemäuer, schönem Neckarpanorama und spektakulärem Aufgang auf die Burgmauer.
- Teufelskanzel: Ein sonniges, windgeschütztes Plätzchen mit Rückblick auf die Tagesetappe. Und damit es während der Pause nicht langweilig wird, gibt es Online-Infos per QR-Code.
- Käsekuchen am Neuen Markt in Eberbach: Eine leckere kulinarische Belohnung und zur Feier des Frühsommerwetters. (Leider ist es mir nicht gelungen, den Namen des Cafès zu recherchieren).
Zahlen, Daten, Fakten
- Streckenlänge: 23,1 km
- Höhendifferenzen: +953 / -971 m
- Bahnhöfe: Neckargerach / Eberbach
- Track hier als GPX-Datei oder hier als KMZ-Datei herunterladen
- Gesamtbilanz: 18 Etappen, 376 km, 8315 Höhenmeter, 54 Neckarquerungen, entspricht 61,9 Sochatoatn
Hinweis für Statistik-Fans: Das war die „steilste“ Etappe (mit 41,3 Höhenmeter / Streckenkilometer) und lag auch bei den absoluten Höhenmeter nur ganz knapp (14 m) unter der bisherigen Rekordetappe.