Auch dieses Jahr steht die traditionelle Frühjahrswanderung mit Hund fix im Kalender — allein das „wo“ war noch alles andere als fix. Ideen gab es einige (» Extrem-Gassi-Projekt 2019: Quo vadis?), doch aus logistischen Gründen musste die Wohin-gehst-Du-Frage jetzt dringend beantwortet werden. So ein Käse! Bis vorgestern, denn dann fiel die Entscheidung — ausgerechnet an der Käsetheke.
Entschleunigungs-Übung beim Wocheneinkauf
Beim wöchentlichen Einkauf hatte die beste Ehefrau von allen (© E. Kishon) akuten Scamorza-Bedarf, weshalb wir ausnahmsweise die Käse-Bedientheke ansteuerten. „Ausnahmsweise“, weil wir den Freitag-Spätnachmittag-Einkauf nach einer intensiven Arbeitswoche normalerweise möglichst kurz halten wollen. (Für guten Käse gehen wir stattdessen auf den samstäglichen Wochenmarkt, wenn wir die angemessene Muße haben und hinreichend entschleunigt sind.)
Für eine unfreiwillige Entschleunigung zwischen Arbeit und Wochenende sorgten dann unsere Vor-Käufer an der Käsetheke:
- Kunde: „Ich hätte gerne einen Käse.“
- Verkäufer (lässt den Blick über die ca. 3 Meter breite Käsetheke schweifen): „Ja, was hätten Sie denn gerne?“
- Kunde (denkt erst nach, dann triumphierend): „Einen schweizer Käse!“
- Verkäufer (interessiert): „Davon haben wir einige. Möchten Sie eher was Mildes oder eine kräftigen?“
- Kunde (ratlos): „Hmmm, ich weiß auch nicht…“
- usw. usf.
Ein Flashback als Vorentscheidung?
Ich vertrieb mir die Zeit mit einer Hochrechnung, wie groß die Auswahl der angebotenen Sorten nach Anwendung des Filterkriteriums „Schweizer Käse“ sein würde. Ich hatte meine Schätzung auf ca. 50 bis 100 eingegrenzt, als die beste Ehefrau von allen mich von meinen hochwissenschaftlichen Berechnungen ablenkte: „Schau mal da, ein Jakobswegkäse“:
Ein Zeichen? Ich fühlte mich — mitten im Edeka — auf die Via Jacobi zurückversetzt: 2017 leistete ich mir in der Chäs-Egge Fischingen knapp 600 Gramm Pilger- und Hörnlikäse, die mich zweieinhalb Tage lang versorgt hatten.
- Als stilgerechtes Mittagessen auf dem Hörnli
- Als Abendessen in Einsiedeln
- Als Raclette-artiges Dessert auf dem Haggeneg.
Logisch, dass der Jakobswegkäse jetzt — zwei Jahre danach — in den Einkaufwagen und auf den Kassenbon musste. Dieser sprach: „JAKOBSWEGKAESE — Schweizer Schnittkäse“. Eine Vorentscheidung?
CSI Formaggio ermittelt: (Idee) Nr. 5 lebt!
Soll ich mir von einem Käse vorschreiben lassen, wo ich zu wandern habe?!
Natürlich nicht. Deshalb ermittelte ich à la CSI Formaggio: Auf einem schmalen Streifen der Käseummantelung konnte ich die eidgenössische Postleitzahl 6074 erkennen. Eine Online-Recherche ergab, dass diese zur Gemeinde Giswil im Kanton Obwalden gehört. Ein paar Mausklicks später hatte ich die Molkerei-Käserei Schnider als Hersteller identifiziert und diese Beschreibung gefunden:
Jakobsweg-Käse
Der Jakobsweg führt durch Obwalden. In dieser Region weiden Kühe auf den saftigen, naturbelassenen Wiesen. Aus dieser Milch entsteht der Jakobsweg-Käse, hergestellt ohne Zusatzstoffe und nach traditioneller Methode. Dieser Halbhartkäse ist die stärkende und genussvolle Wegzehrung für Leib und Seele.
Saftige, naturbelassene Wiesen mit stärkender und genussvoller Wegzehrung für Leib und Seele — das klingt doch gut, oder?
Noch besser: Giswil und das Chäsi-Lädeli der Familie Schnider liegt (fast) an der Strecke, die ich als „Idee 5: Via Jacobi 2 — Vom Jakob zum Saint-Jacque“ in der engeren Auswahl hatte.
Käsetheken-„Zufälle“ als Zeichen
Fassen wir zusammen:
- Wegen eines zufälligen Scamorzo-Bedarfs standen wir an der Käsetheke,
- wo wir von zufällig anwesenden, ahnungslosen Käsekäufern zum Warten verdammt wurden,
- weshalb die Scamorza-Bedürftige zufällig einen ganz vorne liegenden Käselaib entdeckte,
- der zufällig an einem Via-Jacobi-Teilstück hergestellt wird,
- das zufällig in der engeren Wahl für meine Extrem-Gassi-Projekt 2019 war.
Können soviel Zufälle wirklich Zufall sein?
Nein, das waren eindeutige Zeichen: Unser Extrem-Gassi-Projekt 2019 soll entlang des Vierwaldstättersees, Sarnersees, Brienzersees und Thunersees gehen und am Ende — wenn alles klappt — über den Röstigraben in die französische Schweiz nach Fribourg. Wir freuen uns auf 8 Tage, 167 km und 5320 Höhenmeter (» Via Jacobi 2: Etappen-Übersich & Links).
Dann wünsche ich die viele gute Schritte in der schönen Umgebung. Du hast jetzt ja noch Zeit um etwas zu sparen für die gesalzenen 🇨🇭 Preise. Wann planst du loszuwandern?
Ja, die Preise sind gesalzen, aber gut investiertes Geld: Die Landschaft ist schön, das Essen gut, die Züge pünktlich und das Mobilfunknetz zuverlässig und für absolute Notfälle steht in jedem Bahnhof ein Selecta-Automat bereit…. Ich gehe wieder Ende März und hoffe, dass ich auch dieses Mal Glück mit dem Wetter habe. Sonst verlange ich mein Geld zurück 😉
Ende März tönt gut, hoffe du hast wenig oder keine Schneeresten mehr auf dem steilen Weg von Treib hinauf nach Emmetten. Sonst empfehlen dir die Leute auf dem Schiff 🚢 dann die Bahn nach Seelisberg.
Ich rechne in Triest mit wärmerem und hoffentlich trockenem Wetter.
Danke für den Tipp. Da ich schon letztes Mal über den See geschippert bin, übernachte ich vor der ersten Etappe ins Stans und fahre dann ohnehin mit dem Bus nach Seeeligberg. Je nach Wetterlage werde ich von dort oben starten, mit der Bahn runter nach Treib oder zu Fuss mit einem Umweg über die Rütliwiese….
Mit solchen Überlegungen brauchst Du Dich in Triest hoffentlich nicht zu beschäftigen ;-). Ich wünsche Dir dort einen sonnigen Start Richtung Genua.