Nach dem erfolgreichen Abschluss unseres langjährigen Extrem-Gassi-Projekts (Balingen — Gotthardpass — Cannobio) gilt frei nach Hesse: „Und jedem Ende liegt eine Frage inne“. Nämlich die Frage „Domine, quo vadis?“ — „Herr[chen], wohin gehst Du?“ Ideen für 2019 gibt es viele, Antworten nur eine.
Idee 1: Via Gottardo 2 — Il gran finale
Auf dem Weg nach Cannobio hatte uns die Via Gottardo vom Vierwaldstättersee, durch die Schöllenenschlucht und über den Gotthardpass bis nach Bellinzona geführt. Dort mussten wir sie verlassen und den Weg nach Locarno / Brissago / Cannobio einschlagen.

Wie wäre es, der offiziellen Via Gottardo weiter zu folgen? Fünf Etappen brächten uns von Bellinzona über Lugano nach Chiasso; wir könnten damit auch den südlichen Teil des Ticino aus der Gassigängerperspektive kennen lernen. Verlockende Idee, zumal dort schon im März mit heftigem Frühling zu rechnen wäre.
» Via Gottardo (Route 7) auf wanderland.ch
Idee 2: Gotthard Tunnel Trail — oben drüber statt unten durch
Nachdem wir den Gotthard 2017 auf historischen Pfaden überquert hatten, wäre es ein neuer Ansatz, dem modernen Gotthard-Basistunnel zu folgen. Natürlich keine 57 Kilometer zu Fuß durch den Tunnel (obwohl das sicher auch eine interessante Erfahrung wäre…), sondern ca. 2000 Meter höher in der direkt darüber liegenden Bergwelt.

Der Gotthard Tunnel Trail des Vereins Gotthard-Connects führt in 5 Etappen von Erstfeld über Sedrun und Lukmanierpass nach Bodio (105 km, knapp 6000 Höhenmeter). Das verspricht eine schöne Alpenwanderung und klingt hinreichend anspruchsvoll. Allein, die Höhe (Chrüzlipass 2347 m, Passo Predèlp 2448 m) verbietet es, diese Strecke im Frühjahr unter die Füße und Pfoten zu nehmen.
» Gotthard Tunnel Trail auf outdooractive.com
» Zu Fuss über den längsten Tunnel der Welt auf www.gotthard-tunnel-trail.ch
Idee 3: GR5 / GR 53 — außer Vogesen nichts gewesen
Übersichtliche Anreise, landschaftliches Neuland, sprachliche Herausforderung und keine schweizer Preise — gute Gründe, die Vogesen eine Woche lang auf den Fernwanderwegen GR 5 bzw. GR 53 kennen zu lernen.
Stutzig wurde ich jedoch anlässlich eines TV-Berichts über den vogonischen vogesischen Almauftrieb. Im Mai. Nichts Genaueres fand ich nicht, insbesondere die Tourismus-Websites halten sich mit klimatischen Aussagen verdächtig zurück. Zum Glück besitzt eine wanderbegeisterte Kollegin zufällig* den Rother Wanderführer „Vogesen-Durchquerung“, der unter Überschrift „Wetter und Klima“ schonungslos ehrlich ist:
Schneereste halten sich in den Sommer hinein, auch wenn sie ab Mitte Mai [!] in der Regel [!!] keine Hindernisse mehr darstellen […]. Die Gipfel der Hochvogesen weisen das Klima von Zweitausendern in den Alpen auf. Ein kurzer Schneeregenschauer kann selbst im Hochsommer […] vorkommen, und einstellige Temperaturen im Juli und August sind in den Hochlagen keine Seltenheit. Dagegen ist es bei großer Hitze […] ungleich angenehmer als in der nahen Rheinebene.

Mon dieu ! Das klingt nach einer perfekten Wanderdestination für den Hochsommer, mais certainement pas im März.
» Vogesen-Durchquerung bei Tourisme Alsace
» La traversée du Massif des Vosges beim Club Vosgien
* Kein wirklicher Zufall, sie hat bisher zu jeder erdenklichen Region, in der man vage zu wandern plant, einen einschlägen Wanderführer zuhause…
Idee 4: Moselsteig — zertifizierter Designerwanderweg
Eine weitere Kollegin brachte eine frühlingstaugliche Alternative ins Spiel: Der Moselsteig, der seit 2014 in 24 Etappen von Perl nach Koblenz führt. Das dürfte selbst im frühesten Frühjahr kein Problem sein, denn: „Das an der Mosel herrschende Mikroklima […] macht die Region zur wärmsten in ganz Deutschland“ (lobhudelt das Ferienhausportal HRS Holidays). Deshalb gibt es dort auch eine lange Weinbautradition, die seit den Kelten bis heute durstige Wandererkehlen erfrischt.

Der Moselsteig ist hochoffiziell zertifiziert, darf sich „Leading Quality Trail – Best of Europe“ der Europäischen Wandervereinigung nennen und ist vom Deutschen Wanderverband als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ ausgezeichnet.
Doch genau das schreckt ab: Zu oft enttäuschen zertifizierte Retortenwanderwege; sie werden nach Zertifizierungskriterien designed und sind für Excel-Tabelle optimiert, aber nicht für den Wanderer. Ich ziehe historische und „auf natürlichem Weg“ entstandene Wanderrouten vor, deshalb: Trotz Wein, Hund und Gesang kein Moselsteig.
Idee 5: Via Jacobi 2 — Vom Jakob zum Saint-Jacque
„Historische und ‚auf natürlichem Weg‘ entstandene Wanderrouten?“ Da war doch was: Im Frühling 2017 waren wir auf der Via Jacobi unterwegs, am Vierwaldstättersee bogen wir dann ab Richtung Süden, Gotthardpass und Lago Maggiore. Schon damals spielte ich mit dem Gedanken, nicht abzubiegen.
Was wäre, wenn ich der Via Jacobi einfach weiter folgte? Entlang am Vierwaldstättersee, Sarnersee, Brienzersee, Thunersee? Es gäbe viel zu seen und ich würde mich unauffällig Fribourg nähern, wo ich sowieso schon immer mal hin wollte.

„Angefixt“ hatte mich insbesondere der El-Camino-Blog von Paul, der damals genau eine Woche vor uns in Konstanz gestartet war. Seine sonnige und aussichtsreiche Etappe von Brunnen nach Stans machten Lust auf Jacobi 2.0.
Auch wettermäßig wäre die Strecke zu Frühlingsanfang machbar, wenn Frau Holle nicht völlig verrückt spielt: Der höchste Punkt (Brünigpass) liegt gerade mal auf 1000 Meter, da war ich im März 2017 mit Etzel (1096 m), Hörnli (1132 m) und Haggeneg (1414 m) deutlich höher.
» Via Jacobi auf Paul’s El Camino Hike
» Via Jacobi (Route 4) auf wanderland.ch
Und nu?
Der aufmerksamen Leser wird es bemerkt haben: Der Autor hat gewisse Präferenzen, doch die finale Antwort ist noch offen. Wetten werden noch angenommen 😉
Update: Die Entscheidung fiel — an der Käsetheke! » Quo vadis 2019 — Entscheidung an der Käsetheke
Ich kenne die anderen Routen nicht, aber kann die Route nur empfehler, sofern du respektive der Vierbeiner dort Unterkunft finden. Ihr beide habt ja noch Zeit und wenn es Euch schwer fällt eine Entscheidung zu treffen, dann wirf einen Knochen. 😉
Ich fürchte, der Knochen wäre schneller weg als ich schauen könnte, wie er entschieden hat. 😉